Alles zu seiner Zeit

Alles zu seiner Zeit

Dieses Jahr mache ich es anders. Ganz bestimmt. Nicht wieder kurz vor Weihnachten wie von einer Tarantel gestochen die letzten Geschenke besorgen! Dieses Jahr passe ich mich dem Einzelhandel an und tue spätestens im Oktober so, als stünde knirsch Weihnachten vor der Tür. Stress-Prophylaxe nennt man das wohl. So werde ich alles genüsslich und entspannt mit einem Jesus-liebenden Lächeln im Gesicht erledigt haben noch bevor ich am Kalender das Oktoberblatt abreiße.

Aldi legt bereits die leckeren Lebkuchen ins Regal und bei Möbel Kraft entgehe ich nur knapp einem Weihnachtskugel-Koller. Das ist mein Startschuss! Mit meiner Liste, auf der alles fein säuberlich festgehalten ist, wer was für wie viel und von wo geschenkt bekommen soll, mache ich mich auf den Weg.

Angestrengt rede ich mir ein: Es weihnachtet sehr! Und ich summe stimmungsfördernd „Last christmas“ vor mich hin. Ich erkläre das Rentier zu meinem Lieblingstier und überhaupt richte ich mein gesamtes Denken Richtung winterliche Weihnachten und besorge schon einmal Streusalz, Glühwein und frisches Lametta! Enttäuscht stelle ich fest, dass trotz meiner engelhaften Bemühungen noch nichts weihnachtet in mir! Wie soll ich Weihnachtsgefühle bekommen, wenn sich meine Zehen spätsommerlich vergnügt an den Flip-Flops festhalten und wenn mein Schneeball aus Laub besteht? Ich bin ernüchtert: Ich werde es wie jedes Jahr machen. Diese kommerzielle, verfrühte Festtagsstimmung geht mit mir nicht. Jesus wurde Ende Dezember geboren – basta! Im Oktober hatte Maria noch nicht einmal Senkwehen und mit Sicherheit hatten Caspar, Melchior und Balthasar auch noch nicht Monate im Voraus ihre Geschenke organisiert. Also bitte alles zu seiner Zeit. Ich bekenne: Erst wenn es Advent ist, wenn ich jeden Morgen ein Schoki-Stück aus dem Weihnachtskalender nehmen kann und wenn das Dezemberblatt am Almanach sichtbar ist, dann bin ich bereit, für meine Lieben Geschenke zu besorgen!

Liebes Facebook

Liebes Facebook,

wie du vielleicht schon bemerkt hast, habe ich dich verlassen! Du wurdest mir ans Herz gelegt, weil es ein absolutes Muss sein soll, sich oder zumindest sein „Produkt“ über dich bekannt zu machen. Irgendwann – viele Jahre nach dem großen Hype um dich – war dann auch ich soweit. Obwohl ich deine Oberfläche nie leiden konnte, habe ich dir eine Chance gegeben, denn meine Mutter sagt immer, dass es auf die inneren Werte ankommt. Aber auch deine inneren Werte, liebes Facebook, konnten mich nicht überzeugen. Deine überschaubaren Pluspunkte kommen einfach nicht gegen all die negativen Einflüsse und Eigenschaften an.

Um es auf den Punkt zu bringen: du nervst! Du erfüllst weder meine beruflichen Erwartungen noch passt du zu meinen zwischenmenschlichen Vorstellungen und Ansprüchen. Ich habe mich schnell dafür geschämt, Menschen virtuell meine „Freunde“ zu nennen und fast zeitgleich ihre Profile zu blockieren, damit ich, die lediglich ein Produkt bekannt machen wollte, nicht mit deren privaten Nutzungsgebaren konfrontiert werde. Binnen kürzester Zeit war ich einer andauernden Ambivalenz ausgesetzt. Auf der einen Seite das suchtähnliche Wissenwollen über Leserzahlen und -reaktionen und auf der anderen Seite die Ernüchterung über deine Überflüssigkeit und deine zeitraubenden Bombardements mit dem, was andere Menschen zu allen Themen und Pseudo-Themen der Welt „posten“. Die Wichtigkeit und der Sinngehalt dieser grenzenlosen Informationsflut erschließt sich mir nicht immer, sondern lässt meine Vermutung zur Überzeugung heranwachsen, dass du, liebes Facebook, nicht zu mir passt. Genauso, wie ich mich einst aus Neugier mit unternehmerischer Probierlust für dich entschieden habe, so entscheide ich mich nun bei vollem Bewusstsein gegen dich. Auch auf die Gefahr hin, dass mir LeserInnen und Feedbacks verloren gehen. Weiter nehme ich in Kauf – gern in Kauf! –, dass mir zukünftig verborgen bleibt, dass bei „Freundin X“ ein Huhn über die Terrasse läuft, dass „Freund Y“ einen Beitrag auf ZDF Neo gefällt oder dass „Freundin Z“ ein galoppierendes Pferd gefilmt hat. Dafür entgeht mir etwas wirklich Wichtiges nicht: Kostbare Zeit und meine Wahrnehmung, was sich für mich – unabhängig vom modernen Zeitgeist – stimmig anfühlt!

Und eins noch: Ich wurde „angestupst“ und weiß bis heute nicht, welcher Sinn sich dahinter verbirgt – falls sich überhaupt ein Sinn hinter dieser Albernheit verbirgt!? Goodbye, Facebook!

Ein hohes C auf die Blockflöte

Ein hohes C auf die Blockflöte

Der 10. Januar ist seit neun Jahren der „Internationale Tag der Blockflöte“. Das entzückt mich in diesem Jahr besonders, weil ich mir zu Weihnachten nach jahrzehntelanger Spielpause eine Altflöte geschenkt habe. Dank des guten Blockflötenunterrichtes von damals, steht meinem persönlichen „Schnabelflöten-Revival“ nichts im Wege.

Der „Internationale Tag der Blockflöte“ kann aber auch nachdenklich stimmen, denn in den letzten 20 Jahren hat sich die Zahl der Blockflötenspieler hierzulande auf rund 50.000 halbiert. Wieso? Zum einen wahrscheinlich deswegen, weil es derzeit kein sogenanntes Zugpferd für dieses Instrument gibt. Die Geige hat David Garrett, das Klavier hat Lang Lang und die Mundharmonika hat Michael Hirte – aber wen hat die Blockflöte? Solange mich beim Spielen noch eine akute Luftnot an eine falsche oder gar ausgesetzte Atmung erinnert, bin ich als Zugpferd nicht geeignet. Auch zeugen immer noch Tropfspuren auf den Jeans von wenig Spielroutine und bei meiner Anzahl der Flötentöne pro Sekunde kann man noch problemlos mitzählen!

Zum anderen, vermute ich, ist der Rückgang der Blockflötenspieler mit großer Wahrscheinlichkeit den vielen Blockflötenopfern geschuldet. Diese Blockflötenopfer sind Personen, die den Übenden und Spielenden wieder und wieder ungewollt zuhören müssen, weil sie im gleichen Haus leben. Diese Qual führt natürlich seitens der Betroffenen bewusst oder unbewusst zu Negativpropaganda. Schlagzeugopfer kann man schon werden, wenn der Übende nur in der gleichen Straße wohnt. Aber das nur am Rande!

Deshalb richtet sich der „Internationale Tag der Blockflöte“ für mich nicht nur an das Instrument selbst, sondern auch an die vielen traumatisierten Passivspieler, für die sich die Töne einer Blockflöte anhören wie ein mittelschwerer Tinnitus.

Gibt es eine Verpflichtung zum Leben?

Gibt es eine Verpflichtung zum Leben?

Die Meinungen zum Thema „Sterbehilfe“ gehen weit auseinander. Auch wenn es dazu in vielen Ländern der Welt inzwischen Positionen und Gesetze gibt, so bleiben die kontroversen Diskussionen zu dem Thema nicht aus. Wenn man sich ein wenig mit der Thematik und mit der damit verbundenen Problematik befasst, dann spricht man nicht mehr nur von Sterbehilfe, sondern grob gesehen von drei Varianten: die aktive, die passive und die indirekte Sterbehilfe.

Am umstrittensten ist die aktive Sterbehilfe, die das gezielte Herbeiführen des Todes durch Handeln aufgrund des Wunsches einer Person meint. Im Jahre 2001 ließ die Niederlande als erstes Land der Welt diese zu; in vielen anderen Ländern ist sie verboten und wird sogar gleichgesetzt mit fahrlässiger Tötung oder Mord.

Ich recherchiere, was die Argumente der Gegner vom selbstbestimmten Sterben sind – und werde fündig: Zum Beispiel sind es die vielen Erfahrungen von Psychologen und Seelsorgern, die sich einig sind, dass eine Mehrzahl der Menschen, die einen missglückten Suizid hinter sich haben, diesen oft bereuen und froh sind, dass er missglückte. Ein selbstbestimmtes Sterben könnte dieser Fehlentscheidung Vorschub leisten. Ein gutes Argument. Nur frage ich mich in dem Zusammenhang, wieso ist die Beihilfe zur Selbsttötung, die einer aktiven Sterbehilfe sehr nahe kommen könnte, dann hierzulande erlaubt und straffrei?

Gegner der aktiven Sterbehilfe beharren darauf, dass es sich dabei um Euthanasie handelt. Sie haben recht im Sinne der Wortbedeutung: Euthanasie ist ein Fremdwort, welches sich aus dem altgriechischen „schön“, „gut“ und „Tod“ herleitet. Die Gegner ziehen aber einen direkten Vergleich zu dem im dritten Reich missbrauchten Begriff der Euthanasie, bei der es um systematisches Morden ging. Dieser Vergleich ist äußerst unangemessen, denn die Sterbehilfe bezieht sich auf Sterbewillige – und all die Körperbehinderten, die geistig Minderbemittelten, die rassisch und sozial Unerwünschten wollten nicht sterben!

Natürlich haben auch die christlichen Kirchen ihren Standpunkt: Das 5. Gebot verbietet es, zu töten und die Selbsttötung, wie Saul oder Judas sie vornahmen, ist sündhaft. Basta!

Dabei kann ich mich auch an Religionsunterricht erinnern, in dem gelehrt wurde, dass das Sterben zum Leben gehört, dass es schön sei bei Gott im Himmel und dass das Sterben nicht das Ende ist, sondern ein neuer Anfang. Wieso ist dann die Sterbehilfe für einige so verwerflich, wenn es einem Menschen den unausweichlichen Übergang in dieses unbekannte Danach erleichtern kann?

Gesetzlich verankert ist der Schutz von Leben – und das ist auch gut so! Aber sind wir deshalb auch verpflichtet zum Leben? Selbst wenn ausschließlich Maschinen dieses sogenannte Leben ermöglichen würden und auch wenn die Mittel der überaus wichtigen Palliativmedizin die Schmerzen nicht völlig nehmen können?

Für mich steht fest: Sterbehilfe, ob passiv, aktiv oder indirekt kann ein Beistand für die Entscheidung eines Sterbewilligen sein und sollte so selbstverständlich sein dürfen wie die Geburtshilfe, die auch eingreift, wenn es auf natürliche Weise nicht möglich ist!

Vornamen wie Rebhühner

Vornamen wie Rebhühner

 Der Jahreswechsel lädt immer zu Rückblicken, Statistiken und diversen Auswertungen ein. Deshalb lesen wir auch jetzt von den beliebtesten Vornamen des Jahres 2013. Und wieder stelle ich fest, dass mein Vorname es trotz idealer Bedingungen nicht unter die „ersten zehn“ schaffte. Inge ist kurz, zu 50% mit klangvollen Vokalen bestückt und nordisch – zumindest kommt er nicht aus dem Süden! Alles Bilderbuch-Gegebenheiten, um derzeit in dieser Hitliste erwähnt zu werden.

Seit über 40 Jahren lebe ich damit, einen Vornamen zu haben, der ähnliche Probleme hat, wie heutzutage das Rebhuhn. Sie sind vom Aussterben bedroht! Zu der Zeit, als ich geboren wurde, gaben Eltern ihren Töchtern Namen wie Nicole, Tanja, Claudia oder Sabine. Ich drehte mich all’ die Jahre in der Schule als einzige um, wenn dieser Name gerufen wurde. Und ich drehte mich nicht gern um, das können Sie mir glauben. Es war nicht einfach, einen Rufnamen zu haben, den lediglich Damen aus der Nahtod-Generation trugen.

Aber irgendwann kapierte ich, dass sich mein Name nicht ändern wird, also musste ich meine Einstellung dazu ändern. Und das ist mir gelungen: Wie schön, in meiner Generation „die Inge“ zu sein, ohne dass mein Umfeld fragen muss: „Welche Inge?“ Das Rebhuhn ernannte ich zu meinem Lieblingstier und wie angenehm, wenn man irgendwann erkennt, dass der Vorname doch eigentlich genauso ist, wie man selbst: knackig, klar und unmissverständlich! Um mein positives Namensbild abzurunden, startete ich irgendwann eine Rechercheoffensive und siehe da, seit dem kann ich stolz erzählen, dass der Vorname Inge in der Hitliste auf Platz 6 steht! Zugegeben – das war in den 30er Jahren, aber im Auslassen überflüssiger Details bin ich inzwischen sehr gut. Übungssache! Also – all’ ihr kleinen „Monikas“ und „Jürgens“ von heute: Rebhühner sind hübsche Tiere!

Herrlich dämlich

Herrlich dämlich

 Wahrlich zähle ich nicht zu den Hardcore-Emanzen, die in allen männerdominierten Begriffen eine Herabwürdigung der Frauenwelt sehen. Ohne Probleme kann ich von einer ‚Mannschaft’ sprechen oder auch vom Krankheitsbild des ‚Ziegenpeters’. Dabei verfalle ich keinesfalls in kämpferische Haltung mit einem Transparent, auf dem ich fordere, zukünftig von einer ‚Frauschaft’ und von einer ‚Ziegenpetra’ zu berichten. Ich frage auch nicht, wieso Kinder gehänselt werden und nicht gegretelt?

Und dass der von vielen hergeleitete Ursprung des Wortes ‚dämlich’ im Vergleich zu ‚herrlich’ nicht richtig ist, lässt mich nach eingehender Recherche entspannt meine Fußnägel lackieren! ‚Dämlich’ kommt von ‚Dame’? Fehlanzeige! Das hätten manche vielleicht gerne – zur Aufpolierung des eigenen Egos! Tatsächlich aber hat sich ‚dämlich’ aus dem Verb ‚dämeln’ oder ‚dammeln’ entwickelt, was wiederum für ‚verwirrt sein’ steht.

Nach diesem beruhigenden Ausflug in die Etymologie, liebe Frauen, ist jede Behauptung eines spätpubertären Mannes, nämlich dass ‚dämlich’ (umgangssprachlich für dumm, einfältig oder ungeschickt) sich aus dem Wort ‚Dame’ entwickelt hat und eine direkte Verbindung darstellt, schlicht und einfach falsch!

Ganz ehrlich: Dass ich das heute mit dem ‚dämlich’ klarstellen kann, finde ich herrlich!

Lesen durch Schreiben

Lesen durch Schreiben

 Eine Lernmethode, bei der Kinder lesen lernen, indem sie schreiben ohne die Rechtschreibregeln einzuhalten – die gibt es! Wie einfach! Scheint im ersten Moment eine Erleichterung für die ABC-Schützen darzustellen. Aber wohl nur im ersten Moment, denn die Zahlen, die die ‚Marburger Studie’ schon im Jahr 2005 offen legte und auch die Bedenken und Beobachtungen von Eltern und Experten sprechen für sich. Zu diesen Beobachtungen gehört auch, dass fast 20 % mehr Kinder eine Rechtschreibschwäche vorweisen sollen, wenn sie nach der oben benannten Methode lesen gelernt haben. In diesem Zusammenhang frage ich mich, wer – wenn nicht die Experten – haben überhaupt diese Methode entwickelt? Das werde ich gleich googlen. Mit Sicherheit lässt sich auch über den grundsätzlichen Sinn der Rechtschreibregeln diskutieren, denn viele Jugendliche machen es vor, dass geschriebene Kommunikation auch ohne Rechtschreibregeln funktioniert. Aber für eine ordnungsliebende Jungfraugeborene aus der mittleren Generation, wie ich es eine bin, ist das Wissen über diese Regeln und ihre richtige Anwendung sehr erstrebenswert. Aber bevor ich die besagte Lernmethode mit vernichtenden Beiwörtern kommentiere, würde ich zu gern diese Methode auch auf andere Bereiche übertragen. Als Test sozusagen. Zum Beispiel, denke ich, ist es durchaus angebracht, die Jugendlichen beim Erlernen des Autofahrens erstmal die Verkehrsregeln beiseite legen zu lassen. Sie sollen sich lieber zunächst auf das Auto selbst, das Gaspedal, den Blinker und die Sitzposition konzentrieren und sich ein flüssiges, ruckfreies Autofahren aneignen. Dass man bei einer roten Ampel anhält oder dass man in einer Ortschaft langsamer fährt als auf einer Autobahn oder dass man an einer Kreuzung ohne Schilder die Erfindung ‚rechts vor links’ anwendet sind Regeln, die sie dann in ihrem zweiten oder dritten Jahr der Verkehrsteilnahme erlernen können. Bis dahin – gute Fahrt!