Corona und das Toilettenpapier

Corona und das Toilettenpapier

Nein, ich halte mich weder für panisch noch übernervös und ich neige auch nicht zur Hysterie. Ich lege einfach nur aus dem Grund eine Packung meines Lieblings-Toilettenpapiers in den Einkaufskorb, weil es bei mir zu Hause im Zuge der alltäglichen Verwendung aufgebraucht ist. Mehr nicht.

Die Medien aber sorgen dieser Tage dafür, dass das Kaufen von Konserven, Streichhölzern und eben Toilettenpapier kaum mehr unkommentiert vonstattengehen kann.

„Na, Angst vor dem Coronavirus?“ muss ich mir dann beim Griff zum besagten Säuberungsutensil anhören. Jemand anderes raunt seiner Begleitung zu: „Hamsterkauf!“

Nur weil ich als Alleinlebende trotzdem das Paket mit 8 Rollen nehme, hamstere ich noch lange nicht! Dafür beginne ich am Warenregal ernsthaft, mir zu überlegen, ob ich nicht auf das Toilettenpapier verzichten könnte. Nur für die nächsten Wochen bis sich wieder alles beruhigt und normalisiert hat. Ich könnte Papiertaschentücher nehmen oder die Küchenrolle? Ich hab auch noch alte Tapetenreste und Geschenkpapier liegen und ein paar Altkleider warten eh auf Entsorgung. Ob sich Backpapier eignet? Ich könnte für ein paar Wochen meine Katzen als Vorbild nehmen oder es wie Teile der indischen Bevölkerung machen: raus aufs Feld. Ach nein, das ist alles keine gute Alternative. Weder für das Abwasserleitungssystem noch für meinen Reinlichkeitsanspruch und schon gar nicht für meinen Po!

Kapitulierend greife ich dann doch zum Toilettenpapier. Fast heimlich und peinlich berührt.

Am Laufband verwickelt mich der Kassierer unaufgefordert in ein Corona-Gespräch. Rhetorisch geübt natürlich voller Verständnis für mein vorsorgliches Verhalten. Hallo? Geht’s noch? Ich kaufe einfach nur ein. Und neben dem Toilettenpapier liegen weitere Dinge auf dem Laufband, die es wert sind, geachtet zu werden! Möhren, Süßigkeiten, Joghurt oder Schafskäse. Aber all diese Dinge fristen derzeit ein kümmerliches Dasein fernab jeglicher Beachtung und Erwähnung.

Es fällt mir schwer, meinem Wunsch nach einem Löschhubschrauber, der einfach nur Beruhigungstee über den Planeten Erde versprüht, zu unterdrücken. Gleichzeitig, ich bestehe darauf, gehöre ich nicht zu der Menschengruppe, die jedwede Gefährdung kleinredet oder gar –  wie ein gewisser schlecht frisierter US Amerikaner den Klimawandel – leugnet.

Aber ein bisschen froh bin ich dann doch, als ich weitgehend unbeobachtet mein Toilettenpapier im Kofferraum des Autos verstaut habe. Ich gebe zu: Toilettenpapier verursacht derzeit bei mir mehr Kaufscham als Kondome und Inkontinenzeinlagen von Tena-Lady sie hervorrufen könnten.

Inköpen um Mitternacht – plattdeutsches Theater

Für eine plattdeutsche Redaktion des Offenen Kanal Lübeck und nicht zuletzt aus Gründen der Eigenwerbung 😉 habe ich einen Beitrag zu dem Theaterstück gebaut, bei dem ich zu Beginn des Jahres 2020 mitspielte. Leider spielten wir letztendlich nur an einem von zwei Wochenenden, weil das Coronavirus auch uns einen Strich durch die Rechnung machte…

Valentin bzw. Sabine und die Sache mit der Liebe

Valentin bzw. Sabine und die Sache mit der Liebe

Ich habe es versucht – wirklich. Ich wollte eine romantische, blumige, liebevolle Kolumne über den Valentinstag schreiben. So eine mit Schokoladengeschmack und Schmetterlingsgefühl im Bauch. Aber wie – um alles in der Welt – soll mir das gelingen, wenn draußen tagelang die stürmische Sabine alles durcheinander bringt?

Sabine verstreut, zerwühlt, vermengt und bringt aus dem Konzept!  

Für gewöhnlich hat ein Blick aus der Terrassentür, neben der mein Schreibplatz eingerichtet ist, kreative Inspiration und geistreiche Formulierungen zur Folge. Sabine aber sorgte für Lärm und hektisch vorbeifliegende Dinge, wie Blätter, Äste, Stühle und Nachbars Müll. Keine gute Voraussetzung für einen Text, in dem es um die Liebe gehen soll.

Mach dich locker, Inge. Dir fällt gleich was ein. Mach dich locker!!

Meinen inneren Zuspruch muss die stürmische Sabine gehört haben. Denn plötzlich wehte neben dem ganzen eben erwähnten Unrat auch eine wundersame Vorstellung vorbei.

Hat nicht auch das, was ein bedrohliches Unwetter mit sich bringen kann, im erweiterten Sinne mit Liebe zu tun? Wirklich!

Diese Theorie ist keine zusammenhanglose Gemengelage, das ist Philosophie!

Und machen Sie sich jetzt keinen Stress: Meinen Blick auf das Wesen der Welt versteht man entweder nach 8 Semester Philosophie-Studium oder nach einer Flasche guten Rotwein!

Ich weiß zwar nicht, was der hingerichtete Märtyrer Valentin, der Verursacher und Namensgeber des Valentinstages, dazu gesagt hätte, aber für mich ist Liebe viel präsenter, als manch einer denkt. Liebe ist nicht das übermächtige, unbegreifliche und übermenschliche Kuriosum. Liebe ist auf wunderbare Weise viel unspektakulärer; Sie ist viel öfter, viel näher und sie ist viel alltäglicher!

Wer zum Beispiel einen totgefahrenen Hasen von der Straße nimmt und ihn auf den schützenden Grünstreifen legt, damit er nicht von weiteren Fahrzeugen zur Unkenntlichkeit platt gefahren wird – der liebt!

Aufgepasst, nun spanne ich den Philosophen-Bogen zum Tief Sabine: Mancherorts löste sie persönliche Notlagen aus. Manchmal nur kurzfristig, manchmal aber auch längerfristig. Beobachten wir nicht genau in solchen Augenblicken ein großes Maß an Liebe? Notstände, Unglücke und Schlamassel – jedes Mal, wenn jemand in der Patsche sitzt, rücken die Menschen zusammen; sie helfen, sie trösten, sie unterstützen, sie geben und sie schenken. Ohne Anstrengung. Scheinbar ein menschlicher Automatismus, ein tief verwurzeltes Selbstverständnis. Sowas – davon bin ich überzeugt – geht nicht ohne Liebe.

Außerdem finde ich die Vorstellung wundervoll, dass wirkliche Liebe nicht ein spezielles I-Tüpfelchen für auserlesene Extremus ist, sondern das, was in und um jeden von uns beständig und beinahe ohne Unterlass stattfindet.

Danke, liebe Sabine, für diese – pünktlich zum Valentinstag – wohltuende Gedankenbrücke an die Liebe.

Ich bin ganz bei dir

Kennen Sie auch diese irritierte Beobachtung des deutschen Sprachgebrauchs? Begrifflichkeiten oder Ausdrücke scheinen einem immerwährenden Wandel zu unterliegen. Und längst nicht mehr ist das, was gesagt wird, auch wortwörtlich gemeint…

Ich bin ganz bei dir

Ich bin ganz bei dir

Wo sind sie denn alle? Ich gehe durch meine Wohnung und bemerke, sehr zu meiner Verwunderung, dass ich allein bin. Dabei höre ich dieser Zeit so oft, dass sie „bei mir sind“. Ich müsste umgeben sein von Menschen. Dafür habe ich kein Recht mehr! Niemand hat heute mehr Recht. Sie wissen nicht wovon ich rede?

Erinnern Sie sich noch an Zeiten, in der es bei Diskussionen zwei Möglichkeiten gab: entweder man hatte Recht oder man lag mit seiner Meinung gänzlich daneben – bekam also kein recht.  

Das gibt es heute nicht mehr. Heute ist man „bei einem“- oder eben auch nicht.. „Ich bin ganz bei dir!“ heißt es dann weichgespült. „Wir sind absolut bei Ihnen!“ kommt es mir dann entgegen, und es fühlt sich an wie einmassiert.

Dabei ist es wirklich nicht nötig. Niemand muss sich das so einrichten, dass er bei Meinungsübereinstimmung bei mir ist. Ich bin gerne allein. Wirklich. Ich würde viel lieber wieder einfach nur Recht haben. „Ich bin ganz bei Ihnen“ wenn mir dieser Satz auf seiner Schleimspur entgegenkommt, dann weiche ich innerlich aus, weil mir diese ungewollte, aufgezwungene Nähe unangenehm ist. Wenn jemand meine Auffassung einer Sache teilt, dann ist das erstmal nichts, was mich irritiert. Jedoch mir deswegen gleich seine Anwesenheit ungefragt aufzuerlegen „Ich bin absolut bei dir“ halte ich für distanzlos, ja sogar übergriffig.

Kann er oder sie nicht fragen: „Wäre es für dich ok, wenn ich bei dir bin?“ Mit dieser Variante würde ich mich wohler fühlen. Aber jetzt, wo es modern zu sein scheint, dass alle immer gleich „bei mir sind“ graut es mir fast davor, mit meiner Meinung auf Zustimmung zu stoßen. Wer weiß, wie weit die linguistische Entwicklung diesbezüglich gehen mag? Bringt man in wenigen Jahren eine Bestätigung vielleicht schon wie folgt zum Ausdruck: „Ich wohne ganz bei dir zu Hause“ oder „Ich lege mich sowas von zu dir aufs Sofa!“

Das mag ich mir nicht einmal vorstellen!

Um etwaige sprachliche Auswüchse im Keim zu ersticken, bemühe ich mich, den Menschen wieder Recht zu geben, anstatt mich vom neuzeitlichen Sprachgebrauch anstecken zu lassen. Obwohl, wenn ich es recht bedenke, dann kann Recht haben oder Recht bekommen ein Gefühl von Macht und Bedeutung auslösen. Zu welchen Auswüchsen derartiges Gefühl im Stande zu sein vermag, das mag ich mir auch nicht vorstellen. Aber, das ist ein Thema für eine andere Kolumne – hab‘ ich recht oder sind Sie ganz bei mir?