Es werde Licht oder die Sache mit dem Herbstblues

Es werde Licht oder die Sache mit dem Herbstblues

Es werde Licht. Dass ich diese Kolumne mit einem Zitat aus der biblischen Schöpfungsgeschichte beginne, weist in meinem Fall weder auf Bibelfestigkeit noch auf religiösen Verkündungswunsch hin. Mitnichten.

Vielmehr frage ich mich dieser Tage, ob es sich bei der besagten Schöpfungsgeschichte vielleicht doch nur um historische Fake-News handelt? Zumindest schließe ich nicht aus, dass der Ausspruch „Es werde Licht“ in Wirklichkeit auf eine vom Herbstblues geplagte Person zurückzuführen ist.

Der Gedanke tut mir gut. Er verleiht mir ein gewisses Gefühl der Zugehörigkeit. Ich fühle mich gesehen und verstanden…hier auf meinem Sofa. Ich wünsche mir auch „Es werde Licht“, welches meinen Hormonhaushalt mit Serotonin aufgepäppelt und mich bestenfalls gutgelaunt und aktiv durch den Tag bringt. Aber meine Realität sieht derzeit – zumindest phasenweise – anders aus: Meine To-Do-Liste fristet ein ziemlich unabgehaktes Dasein. Dafür scheint besagtes Sofa gleichbedeutend mit Trost und Verständnis.

Es ist nicht so, dass ich nur auf dem Sofa liege. Wenn ich mir meine To-Do-Liste durchlese, dann überlege ich, manchmal auch etwas länger und eben sehr gründlich und intensiv, mit welchem der aufgelisteten Dinge ich starte. Während ich besagte Wichtigkeit überlege, was ich zugegebenermaßen bevorzugt auf dem Sofa erledige, schaue ich manchmal Fernsehen. Ab und an trauen sich ARD, ZDF und Co Rettungspakete gegen Herbstblues zu senden. Das finde ich äußerst provokant. Dann muss ich mir allen Ernstes ansehen, dass man täglich im Tageslicht spazieren gehen soll; dass man seinen Tag strukturieren, Sport treiben, sich verabreden und lachen soll. Obendrein soll man Lebensmittel mit der Aminosäure Tryptophan zu sich nehmen.

Geht’s noch!? Schon beim Zusehen gerate ich außer Atem. Klammheimlich schaue ich auf die Verpackung meiner Schokolade, um zu erfahren, ob die mit besagter Aminosäure angereichert wurde. Natürlich nicht! Die Chips auch nicht!

Gegen Abend wende ich mich zwar ausgeruht aber irgendwie unausgeglichen nochmal meiner To-Do-Liste zu und mache die Erfahrung, dass das Nichterledigen der Dinge auch irgendwie anstrengt. Um mit einem besseren Gefühl ins Bett zu gehen, erweitere ich verstohlen die Liste: Probeliegen Stubensofa.

Hoppla- ich kann einen Haken machen. Herbstblues – du kannst mich mal. Es wurde nämlich soeben, dem Schöpfer oder wem oder was auch immer sei Dank, ein wenig Licht!