Alles ist mega

Alles ist mega

Wenn ich einen Anlass suche, um mich mal wieder über etwas zu erhitzen oder so richtig die Beherrschung zu verlieren, bildungssprachlich ausgedrückt mich also echauffieren möchte, dann schalte ich den Fernseher an.

Ich muss nicht lange zappen, bis eine Sendung mich mit meinen Anspruch in Sachen Kommunikation konfrontiert. Nicht selten, insbesondere in von Werbung unterbrochenen Formaten, in denen es um Bewertung oder Meinung geht – egal wovon, egal wozu – scheint die sprachliche Verständigung sich auf das Wort mega zu reduzieren. Alles ist mega! Kleiner Bildungsauftrag am Rande: Die griechische Vorsilbe mega, von der hier die Rede ist, kann mit dem deutschen Wort groß übersetzt werden. Mega wird zum einen zur Überhöhung anderer Adjektive genutzt, zum Beispiel ist etwas nicht lustig sondern megalustig. Ist es ein Phänomen unserer Zeit, weil wir scheinbar in so vielen Bereichen des Lebens im Überfluss heranwachsen und uns deshalb solch überflüssiger Wörter bedienen? Sind wir bereits immun gegen alles, was sich im Bereich des vermeintlich Normalen abspielt? Müssen wir inzwischen um jeden Preis die Steigerung anwenden, um uns selbst noch zu spüren?

Zum anderen wird mega aber auch als Synonym für andere durchaus schöne Eigenschaftswörter eingesetzt. Zum Beispiel ist eine Liebeserklärung kaum mehr märchenhaft, umwerfend, herzerwärmend oder wunderbar, sie ist mega! Oder für die Schönheit der Natur werden in besagten Fernsehformaten nicht Beschreibungen wie atemberaubend oder hinreißend genutzt, nein, auch sie ist mega. Mega als allumfassendes Ersatzwort, als sprachlich stellvertretende Universalwaffe.

Wenn man ein bisschen wortverliebt ist, so wie ich, dann wird mega als sehr aussageschwach und nichtssagend empfunden. Es ist weder präzise noch klar. Es ist nicht greifbar und kein bisschen sinnlich. Es schaut nicht hin und hört nicht zu. Es soll einer Sache über Gebühr Beachtung schenken und wird ihr gleichzeitig doch nie gerecht.

Deswegen für alle bis hierhin Ausdrucksdezimierten: Entdeckt bitte wieder die Freude am Umgang mit all den im deutschen Sprachgebrauch zur Verfügung stehenden wundervollen Eigenschaftswörtern. Das wäre mega!

Schokoladenschmelze

Schokoladenschmelze

Es ist Januar. Überlebt! Dieses Mal war es besonders schlimm. Ich schien die letzten Wochen keine Abwehrkräfte zu haben. Ich meine nicht die Kräfte, die etwaige Erkältungsviren abwehren. Die Rede ist von meinen nicht vorhandenen Abwehrkräften gegenüber alles, was Schokolade war, nach Schokolade roch oder einfach nur nach Schokolade aussah.

Begonnen hat das Dilemma bereits Anfang Dezember. Mit einem stimmungsvollen Weihnachtskalender habe ich mich angefüttert. Jeden Tag ein kleines, zartes Stück Schokolade. Welch Genuss, wenn man mit der Zunge das wohlgeformte Stück bedächtig in alle Ecken und Kanten der Mundhöhle einmassiert und schlussendlich nach einer kurzen weiteren Verzögerung, weil es sich so wunderbar anfühlt, eine warme, zart-weiche Schokomasse hinunterschluckt. Ach…

Das ging einige Tage so. Bis Nikolaus. Der alljährlich gedachte Todestag des selbstlosen, heiligen Nikolaus erwies sich als weitere Attacke gegen meine Standhaftigkeit. Nun gab es nicht mehr nur ein Stück am Tag. Aber ich scheine ein anpassungsfähiges Weib zu sein, und so machte mir der gesteigerte Schokoladenverzehr vorerst nichts aus.

Zugegeben, meine Bewegungsfreude ließ parallel dazu etwas nach, was ich ignorierte und auf Zeitmangel zurückführte, denn ich musste ja die ganze Schokolade essen, die mir geschenkt wurde! Diesbezüglich bin ich von der Kriegs- und Nachkriegsgeneration geprägt wurden. Das bedeutet: Nichts umkommen lassen!

Mit Riesenschritten näherte ich mich dem Weihnachtsfest, dem Zenit des Schokoladenkonsums. Ich saß in der Patsche, denn längst hatte ich körperliche Warnzeichen einfach überessen und selbst Pralinen, die ich nicht mochte, wurden mit „Mhmm lecker“ begrüßt und verspeist. Meine Geschmacksnerven schienen überlastet und willenlos.

Ende Dezember: Kapitulation in Vollendung. Wenn ich das nächste Jahr erleben wollte, brauchte ich eine Schokoladenschmelze, und zwar zackig! Die Schokolade, die noch verschlossen in meiner Wohnung zu finden war und auch die Schokolade, die sich bereits in umgewandelter Form an meiner Taille – beziehungsweise das, was davon übrig war – festhielt, mussten weg.

Ich möchte den schwierigen Prozess der Schokoladenschmelze hier nicht konkreter thematisieren. Als Folge dieser anstrengenden Strapaze aber kann ich dankbar verkünden: Es ist Januar. Ich habe überlebt!

Her mit euren Haaren!

 

Da sag nochmal einer, die Jugend von heute sei nicht zu gebrauchen – nix da! Was aus einem Wi-Po-Unterricht mit dem Thema „soziale Gerechtigkeit“ entstehen kann, erzählen hier Cinja Wrage und Emma Reitt aus dem 12. Jahrgang einer Segeberger Schule…

Frauen lernen anders

In unserer Langen-Frauen-Radio-Nacht im Juli 2018 besuchte uns die Autorin Telse-Maria Kähler, um über ihr Buch „Frauen lernen anders“ zu plaudern. Wir hatten eine lebendige Unterhaltung darüber, ob, wann, wie und weshalb Frauen denn nun anders lernen! Und welche Rolle meine Lieblingsfarbe GELB beim Lernen spielt, ist auch zu hören…

25 Grad aufwärts

25 Grad aufwärts

Obwohl wir aufgrund technischer Erfindungen und Weiterentwicklungen in der Lage sind, uns rasend schnell fortzubewegen, sehr tief zu tauchen, enorm hoch zu fliegen und extrem viel mitzuteilen, gibt es nach wie vor einen Bereich, auf den wir keinen Einfluss nehmen können: das Wetter! Die zurückliegenden Wochen, ja, Monate haben uns das gezeigt.

Es fühlte sich fast so an, als zeige uns das Klima ein wenig den sogenannten Stinkefinger. Und das konnte es mir gegenüber auch ungeniert tun, denn bei Temperaturen von 25 Grad aufwärts ist meine rebellische Widerstandskraft auf dem Nullpunkt.

Die morgendlichen Stunden zwischen 4.30 und 8.00 Uhr sind die, die sich beinahe kühl anfühlen und deswegen von mir produktiv genutzt werden. Danach geht die Leistungskurve langsam, aber kontinuierlich in den Keller. Das bringt natürlich einen inneren Konflikt mit sich, denn nun folgen in der Regel die Stunden, in denen meine Tatkraft einem Arbeitgeber zur Verfügung stehen sollte. Das geht nur bei laufendem Ventilator. Der wiederum bringt zuverlässig meine Zettelwirtschaft auf dem Schreibtisch durcheinander und sorgt dafür, dass ich mich wie ein Huhn im Umluftofen fühle, aber er sichert auch mein Überleben. Irgendwas ist ja immer!

Am Nachmittag sieht es nicht viel besser aus. Ich gehe der Sonne und den heißen Temperaturen aus dem Weg wie manchmal unliebsamen Begegnungen beim Einkaufen. Während meines heliophoben Rückzugs ins kühle alte Bauernhaus frage ich mich: „Wie machen die das in Afrika?“ Meine Gedanken sind anteilnehmend bei denen, für die derartige Wettereskapaden Standard sind, und bei den Landwirten hierzulande, deren Existenz dadurch unsicherer oder gar bedroht ist.

Doch da – was ist das? Stunden später! Endlich: ein Lebensgeist! Und noch einer! Und noch einer!

Die Temperaturen fallen wieder auf ein für mich brauchbares Maß, um irgendetwas fertigzukriegen. Irgendetwas von dem, was in all den unproduktiven Stunden des Tages liegen geblieben ist. Aber auch Liegenlassen ermattet mich während klimatischer Extreme, und so falle ich bald Ruhe suchend ins Bett, um dort meiner Unsicherheit bezüglich aufkommenden Schweißes zu begegnen: Wetter oder Wechseljahre? Aber das wird eine eigene Kolumne. Um die nun auch noch zu Papier zu bringen, ist es mir viel zu heiß!

Berechtigte Zweifel oder Spießertum?

Berechtigte Zweifel oder Spießertum?

Es wird ernst: Meine Tochter will ein Tattoo! Eigentlich will sie es schon vier Jahre lang, aber was die Angelegenheit jetzt bedrohlicher denn je macht, ist die Tatsache, dass meine Tochter das 18. Lebensjahr vollendet hat. Somit ist sie volljährig – mündig – großjährig – von Rechts wegen erwachsen – voll geschäftsfähig und ich, die Mutter, bin raus!

Damals, als sie den Wunsch das erste Mal äußerte, dachte ich siegessicher: Ruhe bewahren, ein paar gut formulierte Argumente dagegen, die eine oder andere Horrormeldung von misslungenen Tätowierungen verlauten lassen und der Drops ist gelutscht! Inzwischen scheint mir meine Kapitulation unausweichlich. Ich brauche ein Gesetz – aber zackig –, welches mich auf Lebzeiten dazu berechtigt, Tattoos zu verbieten. Einfach so! Ohne Argumente und nicht nur am Muttertag!

Meine letzten Bemühungen, meine Tochter von den allzeitlichen Hautbemalungen abzubringen, gleichen einer Verzweiflungstat. Ich rede alles schön: eine Tarantel als Haustier, grün-lila gefärbte Haare oder meinetwegen auch eine Glatze, Lyrik und Prosa, das Trampen – auch nachts, Sandalen mit Socken und von mir aus auch den Beitritt zum Taubenzuchtverein. Alles ist mir als Mutter lieber als Etwas, was sich nicht mitverändern wird, wenn sich das ICH aufgrund von Geschmack, Erlebnissen, Wahrnehmungen und Lebensphilosophien verändern wird.

Und es wird sich verändern! Wenn es das nicht täte, dann würde meine Tochter auch heute noch alles in Pink oder Rosa haben wollen und immer noch Rolf Zuckowski rauf und runter hören. Tut sie aber nicht!

Ich bin mir nicht sicher, wer mehr Hilfe benötigt: Ich, um meine Tochter vor einer ziemlich unumkehrbaren Entscheidung, die sie eventuell einmal bereuen wird, zu bewahren oder meine Tochter, um sie vor ihrer zweifelnden und spießigen Mutter zu schützen?

Vielleicht muss es auch gar nicht, wie eingangs erwähnt, heißen: „Es wird ernst: Meine Tochter will ein Tattoo“,  sondern in Anbetracht vieler wirklicher Katastrophen: „Alles ist gut: Meine Tochter hat ein Recht auf eigene Entfaltung und will ein Tattoo – na und?“